ETU-Europameisterschaft Challenge Almere 2023 - Bronze in der AK 60

20.09.2023

Am 9.Sept. 2023 war wieder die Europameisterschaft der Europäischen Triathlon Union.

Es war das 6. Mal, dass ich bei der Europameisterschaft der Langdistanz in der Altersklassen-Nationalmannschaft für Deutschland am Start stand. Es war meine 10. Langdistanz und das 4. Mal bei der Challenge Almere. Die Challenge Almere hat für mich den zweithöchsten Stellenwert nach der Challenge Roth.

Am Mittwoch sind wir (Carlo, Henrik und ich) angereist. Nach dem wir unsere Unterkunft eingerichtet haben, sind wir zur Esplanade gefahren und haben uns das Wettkampfgelände angeschaut. Ein kurzer Lauf gegen die Laufrichtung war drin und dann Ausbaden im Weerwater.


Das Wasser hatte bereits 22 °C! Donnerstagvormittag haben wir die Räder gepflegt, geprüft und eingestellt und haben dann nachmittags beim Testschwimmen noch mal den See Weerwater ohne Neo bei schönsten wolkenlosen Wetter genossen.Freitag nach Startnummernausgabe und Aufkleberaktion sind wir den Weg von der Wechselzone zum Deich und zurück abgefahren, um diesen neuen Weg kennenzulernen. Dann war Radabgabe mit Uniform-Check. Ein Blick auf die Konkurrenz-Schilder zeigte, es gab viele Bekannte und Freunde, aber auch Unbekannte in meiner AK. Sehr gefreut habe ich mich meine englischen und holländischen Freunde wiederzusehen und neue Sportsfreunde kennenzulernen. Das gegenseitige Abchecken hat Spaß gemacht. 3 meiner Konkurrenten sind nicht angetreten. Damit waren wir 7 Mann in der AK M60. Von meinen beiden niederländischen Freunden wußte ich, dass es fast unmöglich sein würde auch nur einen zu schlagen.

Die Nacht war kurz und um 6:00 Uhr treffen wir uns alle wieder in der Wechselzone, um Reifenluftdruck zu prüfen und Wettkampfnahrung am Rad und in den Wechselbeuteln zu hinterlegen. Mit dem Engländer Richard und dem Deutschen Christian habe ich noch lange gesprochen und wir haben uns gegenseitig bei den Räder geholfen. (Christian hatte ein Problem mit seinem Ventil des Hinterrads. Ich konnte es lösen.) Dannach noch einen kleinen Kaffee und wir gingen zum Start. Ich war gut trainiert und damit guter Dinge heute einen super Wettkampf trotz Temperaturen von bis zu 32 °C abliefern zu können. Selbst bei meiner Achillesferse -dem Schwimmen- war ich positiv eingestellt auf eine Bestzeit. Es kam anders. Ralf Lindschulten hatte mir die Vorgabe fürs Schwimmen gegeben: zügig aber nicht am Limit.

Start war im Wasser: nach 4 min. warten an der Startlinie kam das Startsignal 7:31 Uhr!
Die ersten 500m waren super! Aber die zu umschwimmenden Bojen waren weiß und wir hatten dichten Nebel über dem See. Jedes Mal wenn ich einen Schlag bekommen habe, bin ich aus der Bahn geschwommen. Damit natürlich viel Zick-Zack. Ab km 2 kamen Krämpfe in den Unterschenkel und in den Oberschenkeln hinten dazu. Die Konzentration lies nach und eine von den weißen Bojen habe ich ausgelassen. Plötzlich war in Paddelboot neben mir und zeigte mir, wo die Strecke ist. Am Schluss bin ich 4083 m geschwommen mit einer Zeit von 1:22:48! So lange habe ich schon ewig nicht mehr gebraucht für den Schwimmsplit.

Wechsel 1: Ich war sehr schnell raus aus dem Neo und hatte nach kürzester Zeit Helm, Startnummer und Schuhe an und rannte zum Rad. Mit einem Blick erkannte ich, nur mein englischer Freund Vic ist noch im Wasser. Ich bin also auf dem 6. Platz von 7.
Wir hatten fast keinen Wind! Damit waren wir oben auf der 30 km langen Deichstrecke alle sehr schnell und ich besonders. Ein Tempo von teilweise 39 km/h konnte ich dort fahren und war fast die ganze Zeit am Überholen. Die Strecke war gesperrt. Aber trotzdem hatte ich 2 unangenehme Begegnungen: eine mit einem großer Trecker und eine mit einem großen LKW, die mir beide entgegen kamen, als ich den Kopf weit unten hatte und nur wenige Meter nach vorne schauen konnte. Zurück auf dem Deich vor dem Hafen ist der Asphalt nicht nur rauh, sondern auch mit einigen großen Schlaglöcher gespickt. Leider habe ich einige nicht erkannt und es hat mehrmals sehr laut geknallt. Aber ich konnte weiterfahren. Andere hatten da nicht so viel Glück. Nach 179 km und einer Radzeit von 5:09:30 (persönliche Bestzeit von 2013 um 3 min. geschlagen) war ich wieder in der Wechselzone. Auch dieser Wechsel war sehr schnell. Kurzer Blick auf die Räder in der AK60 Gruppe zeigte mir: ich bin jetzt auf dem 4. Platz. Nach einer Zeit von 6:41:52 h war ich auf der Marathonstrecke. Damit über 3 min. schneller als bei allen anderen Langdistanzen bisher. Ich war in persönlichen Rekordzeit unterwegs.

Den Marathon sollte ich mit ca. 6 min/ km anlaufen und dann auf die Herzfrequenz achten. Nach den ersten 8 km glühten meine Füsse. Die dünnen Socken, die ich am Samstag für viel Geld gekauft habe, habe ich sofort ausgezogen und bin barfuß in den Sauconys weitergelaufen. Nach 12 km war ich auf den Deutschen Christian aufgelaufen. Ein paar nette Worte und er sagte: „lass dich nicht aufhalten. Ich muß Gehpausen machen“.

Damit war ich auf dem 3. Platz. Aber auch bei mir waren die Pausen an den Getränkeständen länger und die Wasserkühlung durch Duschen dauerte länger. Jedes Mal ging es mit nassen Schuhen weiter bis auch bei mir die Krämpfe anfingen und mich zu noch längen Gehpausen zwangen. In meiner letzten Runde lief ich auf meine englischen Freund Richard auf, der war in seiner 2. Runde und ging. Sein englisches Trikot war zerrissen und er war blutverschmiert. Eine junge Athletin hatte ihn auf der Radstrecke abgedrängt und er fuhr in den Graben. Damit habe ich ihn erstmal 2,5 km beim Gehen begleitet und ihn wieder motiviert in jedem Fall den Wettkampf zu Ende zu machen. 2 über 60 Jahre alte Männer aus England und Deutschland, die bei einem Wettkampf es wichtiger finden über die letzten 1000 Jahre der europäischen Geschichte und im Besonderen über die Verwandtschaft der Deutschen mit den Engländern zu reden, als zu laufen!
Plötzlich kam unser Freund der Engländer Vic und überholte uns. Auf die Frage: „Is this your last round?” kam die Antwort: “Yes, I am going in” Darauf habe ich zu Richard gesagt: „I have to run, now!“ Er antworte: „catch him“
Vic hielt bei der nächsten Getränkestelle an, um sich zu verpflegen. Ich nahm mir 2 Becher Waser und lief mit Tempo 5:15/k bis 5:20/k die letzten 3, 5 km. Ich wollte definitiv diesen 3. Platz. Im Ziel war ich dann auch 40 sec. vor Vic. Auch wenn der Marathon nicht in der gewünschten Zeit von unter 4 h war, sondern mit 4:42:20 weit über meine Möglichkeiten lag, war mir das schlussendlich völlig egal. Das Gespräch mit Richard war mir definitiv viel wichtiger.

Wir feierten gemeinsam unseren Sieg, freuten uns mit jedem Athleten, der über die Ziellinie kam. Die Dusche und die Massage danach waren sehr erholsam. Wir hatten noch ein exzellentes Finisher-Buffet.
Im Hotel gab es dann endlich nach mehreren Wochen alkoholfrei wieder ein Bier in der Halbliterklasse. 3 Iren saßen mit mir an der Bar und wir unterhielten uns über den Wettkampf. Einer von ihnen war bei den Schlaglöchern nicht so glücklich wie ich und hatte einen Schlüsselbeinbruch.
Die Siegerehrung am Sonntag ab 11:00 Uhr war ein tolles Wiedersehen mit vielen bekannten Athleten und Freunden.
Nächstes Jahr ist die Challenge Almere bereits per „Early Bird“ gebucht!