Im Gespräch mit Justus Nieschlag - Ein Kurzportrait
27.01.2016

Geboren am 09.03.1992 in Hildesheim
Wohnort | Lehrte/Saarbrücken |
Verein | Lehrter SV Triathlon |
Mannschaft | EJOT Team Buschhütten |
Größe | 184 cm |
Gewicht | 69 kg |
Bundestrainer | Dan Lorang |
Heimtrainer | Udo Weimann |
Landestrainer | Dr. André Albrecht/Udo Weimann |
Triathlon seit | 2001 |
Erfolge:
- Junioren-Europameister und Vizeweltmeister 2011
- Aktuell B-Kader am OSP Saarbrücken (Hinweis: die DTU führt aktuell keine A-Kader)
- Aktuell bestplatzierter Deutscher in der Weltrangliste
- Reelle Chancen auf Quali für Olympia 2016
- Top-Platzierungen 2015:
10. Platz World Triathlon Series Hamburg
11. Platz World Triathlon Series Auckland
Ein paar Tage vor Weihnachten habe ich mich mit Justus Nieschlag in der Kantine des LSB zum Interview verabredet. Eine Initiative, die mir schon lange ein Anliegen ist. Denn schließlich ist Justus seit Jahren erfolgreichster internationaler Repräsentant des Triathlonsports aus Niedersachsen und nun endlich will ihn der TVN auf seiner Homepage vorstellen und würdigen.
Justus ist mit seiner Schwester Nele gekommen -das ich sofort als Zeichen familiärer Verbundenheit und Zuneigung interpretiere; im Laufe des Gesprächs bestätigt sich die Annahme-, die ihn eben noch mit dem Fahrrad bei einer „kurzen“ Trainingseinheit „2x um den Maschsee laufen“ begleitet hat. Hier scheint schon mal geklärt, dass „Winter-/Weihnachtspause“ nicht gleich Müßiggang bedeutet…
Was heißt es nun also Leistungssportler zu sein? In einer Sportart, die gleich 3 Disziplinen vereinigt. Woher kommt die Motivation? Und wie fing überhaupt alles an?
„In der Schwimmhalle rumhängen hat mich gelangweilt“
Justus erzählt, dass er seinen ersten Triathlon 2002 im Alter von 10 Jahren absolviert hat. Eher eine spontane Entscheidung, denn eigentlich war er zu dem Zeitpunkt Schwimmer, hat aber zusätzlich in der Leichtathletik- und Turnsparte seines Heimatvereins trainiert. Der Trainer meldete ihn damals zur Schülerserie an. Der erste Höhenflug war, dass Triathlon draußen stattfindet und man den ganzen Tag in Aktion ist: „man musste nicht doof in der Halle rumhängen, sich langweilen und dann ist auch noch der ganze Tag hinüber“, wenn man wie bei den Schwimmwettkämpfen –meistens drinnen in einer Halle- auf seine 2-3 Einsätze wartet. Kurz danach bekam Justus sein erstes Rennrad.
„Plötzlich Deutscher Meister!“
Schwimmen, Radfahren und Laufen standen ab jetzt neben Leichtathletik und Turnen auf Justus‘ Trainingsplan! Er sagt, für seine Grundstabilität, allgemeine Athletik, Koordination und Kraft war das zusammengenommen „super“!
Der große Durchbruch geschah 2006 bei der DM in Kiel wo Justus überraschend Deutscher Meister wurde. Zu diesem Zeitpunkt „hatte mich keiner auf dem Schirm“, sagt er. „Ich war weder im Landeskader, die Landestrainer kannten zwar meinen Namen, mein Gesicht hatte sich wohl aber noch nicht so richtig eingeprägt. Als ich mit meinem damaligen Trainingskollegen Kilian Fladung zeitgleich vom Rad gestiegen bin, wir losgelaufen sind und nur Kilian angefeuert wurde, habe ich gedacht „hey, ich gehör auch dazu...!“ und hab dann gezeigt, was ich drauf habe“. Erst im Ziel haben alle begriffen, was passiert war.
„Der Weg zum Profi“
Im Alter von 18 entschied sich Justus dann dafür, Triathlon schwerpunktmäßig zu betreiben und schließlich ab 2011, mit den gewonnen Junioren-Europameister- und Vizeweltmeistertiteln, professionell zu trainieren.
Damit einher ging dann 2013 auch die Entscheidung, nach Saarbrücken an den Olympiastützpunkt zu wechseln und sich der Sportfördergruppe der Bundeswehr anzuschließen. Hier sind die Trainingsbedingungen optimal, denn „man trainiert selten alleine, vor allem für die intensiven Einheiten“, erklärt Justus, und dass seine Spezialität die langen Antritte auf dem Rad sind: „da habe ich nen guten Bumms“, lacht er und führt weiter aus, wie er alle anderen ärgern kann und dass er immer mit Sebastian Rank verglichen wird. „Gegen andere zu sprinten ist für mich der beste Kick“.
Aufgebaut wurde Justus sehr behutsam und individuell von den niedersächsischen Landestrainern Dr. André Albrecht und Udo Weimann. Seit einem Jahr wird er durch den Bundestrainer betreut, der die Trainingspläne individuell anpasst.
„Olympiajahr 2016“
Für 2016 steht Großes auf dem Programm. Olympia ist das Top-Thema und die Qualifizierung für einen der 3 Plätze ist heiß umkämpft, zumal die Triathlonmänner letztes Jahr immer mal wieder an der Qualifikationsmarke gekratzt haben. Die Wettkämpfe in Abu Dhabi, Goldcoast und Yokohama sind die nächsten Ziele, bei denen jeweils Top-8-Platzierungen erforderlich sind. Für Justus bedeutet das auf jeden Fall alle 3 Wettkämpfe zu absolvieren, wenn nicht vorher eine entsprechende Platzierung herausspringt.
Aktuell im Januar steht das nächste Trainingslager in Südafrika an. Das Wetter spielt bei der Auswahl der Trainingsorte immer eine zentrale Rolle, jedenfalls fürs Radfahren. Jetzt im Olympiajahr sowieso, es gilt das Verletzungsrisiko so gering wie möglich zu halten und da sind trockene Straßen einfach sicherer. Natürlich wird auch drinnen auf der Rolle trainiert, wenn es gar nicht anders geht.
„Esse alles wozu ich Lust habe“
Immer wieder ist Ernährung vorm/beim/nach dem Triathlon ein Thema. Wer kennt nicht mindestens eine Person, die von Magenproblemen beim Laufen berichtet hat? Kennt Justus diese Probleme auch? Was isst der Profi? Kurzerhand kommt die augenzwinkernde Antwort: „ich halte mich an die "Spezial-TVN-Ernährung": hau alles rein was Kohlenhydrate hat!“. Prinzipiell ist er eher unkompliziert und meint, dass es wichtig ist, auf seinen Körper zu hören, wobei Verzicht erfahrungsgemäß nicht sinnvoll ist, weil „der Kopf stimmen muss“ und „genug Energie da sein muss, um ordentlich zu trainieren“.
Eine Zeitlang belasteten auch Justus Magenprobleme –besonders beim Laufen, bei intensiven Einheiten und Wettkämpfen. Eine Ernährungsberatung brachte keine Lösung. Über die Zeit lernte Justus, was er verträgt, was gut funktioniert und vermeidet nun gluten- und laktosehaltige Nahrungsmittel vor den Wettkämpfen. Ab und zu ist auch „Currywurstpommescola“ eine Alternative. Justus‘ „Geheimtipp ist Zartbitterschokolade direkt vor dem Wettkampf“, denn die beruhigt den nervösen Magen ein wenig!
Tipps vom Profi für Triathloneinsteiger
Wer hier Material-, Trainings-, Verhaltensratschläge etc. erwartet hat, wird über den Tipp, den Wettkampf zu genießen und Spaß zu haben möglicherweise positiv überrascht sein. „Prinzipiell ist eine gute Trainingsgruppe wichtig, die sich gegenseitig pushen und zusammen zu den Wettkämpfen fahren“, sagt Justus und ergänzt, dass die sog. 4. Disziplin, das Wechseltraining, nicht zu kurz kommen sollte. Orientierung in der Wechselzone, wo muss ich rauslaufen, wo wieder rein, wo steht mein Rad, wo meine Schuhe etc. ist grundlegend.
Zum Schluss spricht Justus darüber, dass es solange weitergehen wird, wie es Spaß macht, dass auch irgendwann Langdistanzen ausprobiert werden und die Triathlonstrecken lieber anspruchsvoll sein dürfen.
Neben dem Leistungssport studiert Justus derzeit Sportwissenschaft in Saarbrücken. Denn eine Zeit nach dem Profi-Triathlon wird es sicherlich geben – irgendwann…
(Im Gespräch mit Justus Nieschlag, Iris Jansohn)